MAN SD200 + MAN SD202
Der Standard-Doppeldecker

SD220 | Bagdad


Im Jahre 1978/1979 suchte die damalige irakische Regierung Wege, die Infrastruktur des Nahverkehrs der 4 Millionen Stadt Bagdad zu modernisieren und zu erneuern. Mit den damaligen, veralteten englischen Doppeldecker-Bussen war man nicht mehr zufrieden. Zumal man mit der Ersatzteilbeschaffung absolut unzufrieden war. Deswegen wendete man sich an den deutschen Hersteller MAN Nutzfahrzeuge, die bereits mit dem MAN SL200 und MAN SD200 im Bereich Standard-Linienbusse Erfahrungen hatte. 
So kam ein Vertrag über die Beschaffung von zunächst 400 Standard-Doppeldecker nach der Bauart MAN SD200 zustande. Noch vor Fertigungsbeginn wurde die Anzahl durch weitere 200 Busse auf insgesamt 600 Fahrzeuge erhöht, und umfasste einen Auftragsvolumen von ca. 43,5 Millionen US-Dollar.
 
Aufgrund der dortigen Gegebenheiten stellte der Kunde jedoch jedoch weitere Bedingungen, die schließlich den Bau einer eigenen Serie erforderte. Eine Forderung war u.a. eine stärkere Motorisierung. Statt statt dem üblichen 200 PS-Motor, kam der MAN-Diesel Motor D2556 HMXU mit 220 PS/162 KW zum Einsatz. Das Getriebe lieferte ZF mit einem vierstufigen ZF HP-500 Automatikgetriebe mit intrigiertem Retarder.
 
Die Chassis und den Motoren kamen von MAN, den gesamten Aufbau überließ man dem Vertrags-Partner Waggon-Union in Berlin in der Miraustraße. Für den Innenraum wünschte man sich auch eine bessere Stehhöhe, weshalb die Busse auch eine Gesamthöhe von 4,48m erreichten. Aufgrund des geforderten, höheren Böschungswinkels wurden die Busse insgesamt auch etwas kürzer als die üblichen Standardbusse und erreichten eine Länge von 11,08m.  Auf eine Klimaanlage wurde verzichtet, weshalb man überall seitliche Schiebefenster verbaute. Das Oberdeck erreichte man über eine Treppe, die hinter dem Fahrerplatz angeordnet war. Im Unterdeck erreichte man so 43 Sitzplätze und im Oberdeck 53 Sitzplätze.

        
⇒ erste fertige Rohkarosserien auf dem Fertigungsgelände der Waggon-Union | © Peter Grambauer

Hier weitere Bilder: www.showbus.com/gallery/foreign/de/wu2.htm

So entstand eigene Busserie vom MAN SD220 Typ Bagdad, ableitend von den verwendeten 220 PS-Motor.
Die verwendeten Chassis scheinen - mutmaßlich - vom MAN SL200 zu stammen, was den höheren Innenflor erklärt. Aufgrund der vielen Änderung, u.a. mit der Motorisierung, bekamen diese Fahrzeuge deshalb auch einen eigenen Fahrgestell-Code: 598-xxxx-xxxx.

Der Baubeginn startete 1980 - 1981. Aufbauend auf den von MAN gefertigten Rahmen und Motorisierung erfolgte die Endfertigung bei der Waggon Union in Berlin Miraustraße.
 
1981 began die Verladung der Wagen duch die Rhenus-WTAG auf Binnenschiffe, die diese dann nach Hamburg Hafen verbrachten. Da die Busse über besondere Maße/Höhen verfügten, war womöglich eine Überführung nach Hamburg auf eigener Achse nicht möglich. Das würde den aufwendigen Transport durch Binnenschiffe erklären.
 
Die in Hamburg gesammelten Busse wurden dann für den Weitertransport auf RoRo-Fähren verladen und zum jordanischen Hafen Aqaba gebracht. Ab Hamburg war der Kunde für den Transport verantwortlich, wurden aber von Mitarbeitern der MAN beraten und begleitet. Aufgrund der Lage war der Weitertransport der Busse nur der Weg durch die Wüste und Gebirge möglich. So legten die 600 Busse nochmals 1300 km durch die Wüste zurück. Dafür wurden eigens eigene Fahrer abgezogen, um die Busse den staubigen Weg über die Schotterpisten zu absolvieren. Da die Busse bisher kaum aus eigener Kraft bewegt wurden, mußte auf der Wüstentour extra eine Service-Point in Amman eingerichtet werden, um dort von zwei MAN-Service-Mitarbeitern die 500km-Inspektion durchzuführen. Zum Nachtanken auf der langen Reise wurden die Busse sogar von Tankwagen begleitet, die die Versorgung der Busse mit Diesel sicherstellte. Nach mehreren Tagen Strapazen erreichte der Konvoi die 4 Mio.-Stadt Bagdad.


Lieferlos: 400 + 200 Wagen (insges. 600 Wagen)

Auftragsvolumen: 600 Wagen von MAN Nutzfahrzeuge & WU - Waggon Union Berlin Miraustraße
Baujahr: 1980 (Prototypen 1979/1980)
Auslieferung: 1981


Technik:

Chassis: MAN Nutzfahrzeuge
Motor: MAN - Diesel D2556 HMXU mit 220 PS / 162 KW bei 2200 U/min
Getriebe: vierstufiges ZF HP-500 Automatikgetriebe Retarder
Aufbau: Waggon Union Berlin Miraustraße


Maße & Gewichte:

Länge: 11,08 m (statt 11,49 m)
Breite: 2,48 m
Höhe: 4,48 m (statt 4,06 m)

Leergewicht: 11.000 kg
Gesamtgewicht: 17.500 kg

Radstand: 5,6 m
Reifengröße: 1 100 - R20


Karosserie & Ausstattung:

Ein- & Ausstieg: je 1250 mmm breit
1 Treppe (direkt hinter dem Fahrerplatz)
Fenster: Schiebefenster (statt der üblichen Klappverglasung)
Klimaanlage: nein
Anzeige: Rollband Front, Heck & Seite (1. Fenster Linienanzeige)
Rückleuchten: 4 runde je Seite Typ Hella


Sitzplätze:

Unterdeck: 43 Sitzplätze & 1 Fahrpersonal
Oberdeck: 53 Sitzplätze

Sitze: vereinfachte Sitzbänke, braune Kunststoffbezüge
Sitzgestelle: schwarz


Besonderheit:

Diese Wagen waren satte 4,48 m hoch, also 48 cm mehr als bei den hiesigen SD200, um im Oberdeck ebenfalls eine richtige Stehhöhe zu erreichen. Dafür fehlten diesen Wagen in der Länge ca. 10 cm, was die SD220 etwas plump aussehen ließ.

Auch eine etwas andere Front wurde hier verbaut, denn die SD200 bekamen seiner Zeit auf Wunsch der BVG, eine StÜLB-Front, die Bagdad-Busse hingegen eine VÖV-Front (Stadtbus).


⇒ Foto: © nahverkehrs praxis Ausgabe 09/1980


Es wurden zwei Prototypen, 598-0001-0001 und 598-0002-0002, wobei einer OHNE Inneneinrichtung gefertigt wurde und in Deutschland blieb. Aber auch der Andere verblieb - meines Wissens - als fertiges Anschauungsobjekt/Messefahrzeug in Deutschland.
Ein drittes Fahrzeug entstand nach Fertigung der Bagdad-Busse im Jahr 1983 als Rechtslenker-Vorführwagen (Linksverkehr), ursprünglich für Südafrika gedacht, später als Singapur Vorführwagen gebraucht. Dieser erhielt die Fahrgestell-No.: WMA598 0603 B001418.

Zwei dieser Fahrzeuge liefen später dann bei Fa. Ruoff  (OVR) in Waiblingen, als Wagen 8451 (WN-RL 822, 598-0002-0002) einer der Bagdad-Probewagen und .als Wagen 8751 (WN-RL 823, WMA598 0603 B001418) der sogenannte Singapur-Vorführwagen.
Beide Wagen wurden bei Vetter in Fellbach den hiesigen Gegebenheiten angepasst, wobei die Höhe von 4.48 m erhalten blieb und mit Sondergenehmigung betrieben werden durften. Der zweite Wagen mußte zu dem auf Rechtsverkehr umgerüstet werden.

Zwei dieser Wagen stehen seit ca. 2011/2012, nun festinstalliert und mit Holz umbaut, als Wohnbusse für die Kanustation Mirow als Buscamp am Mirower See in Mecklenburg-Vorpommern.

Webseite: kanustation.de/buscamp/

(Hinweis: Diese Seite wurde 03/2025 komplett überarbeitet und ergänzt.)


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